Timur Vermes
Er ist wieder da
2012
Bastei Lübbe
400 Seiten
TB - Ausgabe 2014
Der Hintergrund
"Er ist wieder da" ist der Debütroman des in Nürnberg geborenen Journalisten Timur Vermes. Das Buch entwickelte sich mit über 1,5 Millionen verkauften Exemplaren zum Mega-Bestseller, und auch die Verfilmung war überaus erfolgreich: sie lockte im Jahr 2015 fast zweieinhalb Millionen Besucher in die deutschen Kinos.
Das Thema
Das wird man doch mal sagen dürfen
Der Einstieg
"Das Volk hat mich wohl am meisten überrascht. Nun habe ich ja wirklich das Menschen-mögliche getan, um auf diesem vom Feinde entweihten Boden die Grundlagen für seine Fortexistenz zu zerstören."
Wohl wahr.
Der Inhalt
Auf einem unbebauten Grundstück inmitten Berlins erwacht im Jahr 2011 ein gewisser Adolf Hitler. Warum er dort plötzlich auftaucht, wie er dort hingekommen ist, warum er seit 1945 nicht gealtert ist oder wo er in der Zwischenzeit gewesen sein mag, wird nicht erklärt. Er selbst weiß es übrigens auch nicht. Nun versucht er zunächst einmal, sich in der für ihn fremden Welt zurechtzufinden - schon bald gefolgt von dem Bestreben, zu politischer Macht zu gelangen. Hierzu lässt sich die deutsche Medienlandschaft offensichtlich ganz gut nutzen...
Form, Stil und Sprache
Die Geschichte ist aus der Sicht eines Ich-Erzählers verfasst, und dieser Erzähler ist niemand anderes als Hitler selbst. Stilistisch ist der Roman alles in allem ordentlich und souverän geschrieben, und bei der Darstellung der reichlich altmodischen und angestaubten Ausdrucks- weise seiner Hauptfigur gelingen Vermes eine ganze Reihe treffsicherer Formulierungen.
Lob und Kritik
- - - - - Charaktere - - - - -
Der Ich-Erzähler wird wahlweise als verschrobener älterer Herr oder als schlagfertiger, scharfsinniger, humorvoller und teilweise durchaus einfühlsamer Mensch dargestellt. Wenn man als Autor eine solche Hauptfigur haben möchte, dann sollte man sich dafür vielleicht lieber nicht ausgerechnet Hitler aussuchen. Das geht dann einfach furchtbar schief. Denn es darf wohl angenommen werden, dass diese Eigenschaften auf Hitler nicht so wirklich zutrafen.
Sämtliche sonstige Personen in diesem Roman verhalten sich vollkommen unrealistisch, naiv und dämlich. Das nervt. Und ist außerdem extrem unglaubwürdig.
- - - - - Humor - - - - -
Einen beträchtlichen Teil seines (vermeintlichen) Humorpotenzials bezieht der Roman aus der Tatsache, dass die Leute - verständlicherweise - nicht glauben, dass es sich tatsächlich um den
"echten" Hitler handelt, sondern hinter seiner Person einen Comedian/Satiriker vermuten, der diese Rolle bloß spielt. Er selbst hingegen ignoriert dieses "Missverständnis" durchgehend. Mehr noch:
Seltsamerweise, obwohl er ja selbst nicht begreift wie es zu seiner
Reise in die Zukunft kommen konnte, scheint er überhaupt nicht zu verstehen, warum die Leute ihm einfach nicht glauben wollen.
Eine solche Prämisse ist natürlich purer Unsinn, und das permanente Auswalzen dieses aneinander-vorbeiredens mag vielleicht auf den ersten Seiten noch ganz amüsant sein; nach mehreren hundert
langweilt und stört es allerdings nur noch.
Was sich ansonsten zum Humor sagen lässt: Wenn Hitler sich über irgendjemanden aufregt und diesem "am liebsten die SS auf den Hals schicken würde" oder "mit einem Flakgeschütz draufhalten möchte", dann KANN man das witzig finden... muss man aber nicht.
- - - - - Gesellschaftskritik - - - - -
Durch des "Führers" extreme Ansichten und schonungslose Offenheit soll vermutlich - so ist es zumindest in vielen Kritiken zu lesen - "unserer heutigen Gesellschaft der Spiegel vorgehalten werden". Aber das funktioniert einfach nicht. Denn so leicht wie hier dargestellt lässt sich die Bildzeitung nicht an der Nase herumführen, so schüchtern und ängstlich führen sich keine NPD-Parteimitglieder auf, so verblödet sind unsere Politiker nicht.
+++++ Satire - - - - -
Hin und wieder gelingt dem Autor tatsächlich mal eine treffende satirische Bemerkung zu aktuellen Themen oder Zuständen. Diese beziehen ihren Reiz
dann in der Regel daraus, dass eine im neunzehnten Jahrhundert geborene Person plötzlich mit der Welt des Jahres 2011 konfrontiert wird. Die daraus folgenden Beobachtungen und
amüsanten Schlussfolgerungen kann man durchaus Timur Vermes zugute halten - aber dass ausgerechnet Hitler sich in dieser Form äußern würde, wirkt extrem unglaubwürdig. Wie bereits oben
gesagt: Hätte er doch lieber eine andere Hauptfigur genommen!
Aber ohne die "Marke Hitler" würde dieses Werk natürlich kaum jemanden interessieren.
+++++ Cover +++++
Etwas Positives gibt es aber doch zu diesem Buch zu sagen: Die Titelbildgestaltung - jene Darstellung der Figur Hitlers mittels einiger simpler, aber effektiver Striche, welche für einen hundertprozentigen Wiedererkennungswert sorgen - ist künstlerisch absolut gelungen.
Und zugleich ein genialer Marketingcoup.
Das Fazit
Eine vermeintlich böse Satire, die auf ganzer Linie scheitert.