Sigríður Hagalín Björnsdóttir
Blackout Island
2018
Übersetzung: Tina Flecken
Suhrkamp
277 Seiten
TB-Ausgabe 2018
John Ironmonger
Der Wal und das Ende der Welt
2015
Übersetzung: Maria Poets, Tobias Schnettler
S.Fischer
480 Seiten
Gebundene Ausgabe 2019
Zwei Romane mit ähnlicher Thematik und doch großen Unterschieden. In beiden Fällen handelt es sich um Geschichten über den Weltuntergang, genauer: über den Zusammenbruch der Zivilisation. Beide Bücher befassen sich mit den Auswirkungen, die ein solcher Zusammenbruch - oder alleine schon die Aussicht darauf - auf eine auf begrenztem Raum zusammenlebende Gemeinschaft hat.
Im Roman der Isländerin Björnsdottír spielt sich das gesamte Geschehen auf einer Insel (logisch: Island) ab, die plötzlich von einem Tag auf den anderen vollständig von der Außenwelt abgeschnitten ist. Es bleibt ungeklärt, warum das so ist oder wie realistisch dieses Szenario überhaupt sein mag - ihr geht es einzig und allein um die Folgen.
Im Gegensatz dazu legt der Brite Ironmonger Wert auf eine möglichst glaubwürdige Darstellung des Untergangs. In ruhiger Erzählweise wird ganz ausführlich und nachvollziehbar dargestellt, wie es durch die Verkettung unterschiedlichster Ereignisse tatsächlich zu einem weltweiten Kollaps kommen könnte. Doch trotz dieser globalen Sicht fokussiert sich auch hier die Erzählung letztlich auf einen begrenzten Raum, in diesem Fall auf ein abgelegenes englisches Dorf und seine Bewohner.
In "Blackout Island" werden verschiedene Aspekte menschlichen Verhaltens in einer extremen Ausnahmesituation beleuchtet: Wie reagieren Medien und Politik? Wie verändern sich Machtverhältnisse? Wer versucht, die Situation zu seinen Gunsten auszunutzen und wer kämpft einfach nur ums Überleben? Wer wendet Gewalt an, wer bemüht sich, sie zu verhindern? Wem kann man noch trauen, wem wird die Schuld zugeschoben? Allein die Betrachtungen darüber, welche Rhetorik von wem verwendet (oder auch bewusst vermieden) wird, ist ein hochspannender Aspekt, der ausführlich behandelt wird.
In "Der Wal und das Ende der Welt" geht es deutlich unspektakulärer zu, wenngleich die Menschen auch hier vor der Frage stehen: Wie sichern wir unser Überleben, wie können wir uns schützen? Im Rahmen einer Dorfgemeinschaft von rund dreihundert Leuten ist es - und auch das ist zweifellos glaubhaft - wesentlich einfacher, auf Zusammenhalt und Miteinander zu bauen. Doch werden auch dann noch alle an einem Strang ziehen, wenn Vorräte und Hoffnung allmählich schwinden?
Während das zentrale Thema des einen Romans mit "Macht" umschrieben werden könnte, geht es im anderen vor allem um "Zusammenhänge"; einmal ist der Grundton negativ und düster, im zweiten Fall eher optimistisch.
"Blackout Island" ist ein durch und durch gelungener Roman ohne große Schwächen, der seine Geschichte konsequent und klar durcherzählt, während Ironmonger - das ist neben einer fragwürdigen "Liebesgeschichte" der Hauptkritikpunkt - gegen Ende noch ein paar merkwürdige Schlenker einbaut, die einen eigentlich gelungenen Abschluss unnötig in die Länge ziehen.
Doch so unterschiedlich die Herangehensweisen auch sind, lesenswert sind definitiv beide Bücher.