Julia von Lucadou
Die Hochhausspringerin
2018
Hanser Berlin
288 Seiten
Eine berühmte Spitzensportlerin, die die Lust an ihrem Ruhm und Erfolg verloren hat. Eine sie überwachende Psychologin, die ihrerseits selbst unter höchstem
Leistungsdruck steht. Eine dystopische Zukunft, in der verschiedene Entwicklungen auf die Spitze getrieben werden, deren Anfänge heute bereits allgegenwärtig sind.
Der Roman wird weniger von seiner Handlung getrieben, als vielmehr vom Innenleben der Protagonistinnen. Dabei wird ganz geschickt und quasi nebenbei die Welt
ausgebreitet, in der die Geschichte spielt: eine nicht allzu ferne Zukunft, in der soziale Medien (und deren Auswüchse), übertriebener Starkult, Zweiklassengesellschaft, Bewertungssysteme für
sämtliche Lebensbereiche sowie totale Transparenz den Alltag bestimmen und das Denken (fast) aller Menschen steuern.
Ein bisschen erinnert das Setting an "Der Circle", wobei "Die Hochhausspringerin" sprachlich-stilistisch auf höherem Niveau angesiedelt ist. Ansonsten wirkt die Welt hier zwar auf den ersten
Blick etwas abstrakter und futuristischer (Stichwort: Hochhausspringen als gehypte Sportart), ist aber definitiv und ganz offensichtlich eben doch sehr realistisch und gar nicht so weit weg von
aktuellen Zuständen.
Es mag Leute geben, die dieses Buch aufgrund seiner relativen Handlungsarmut langweilig finden könnten. Hören Sie nicht darauf! Es ist nicht nur hervorragend geschrieben, sondern zudem auch
äußerst intelligent und beeindruckend.
Sehr, sehr beeindruckend sogar. Und sehr, sehr gut.
Fazit: Ein treffender Seitenhieb auf Leistungsdruck und Optimierungswahn in unserer modernen Welt.