Jon Wallace

Barrikaden

"Barricade"

 

2014

 

 

 

 

 

  

 

 

 

 

Übersetzung: Robert Brack

Heyne

398 Seiten

1. Ausgabe 2015



 

Der Hintergrund

"Barrikaden" ist der Debütroman des Briten Jon Wallace, mit dem er in seiner Heimat beachtliche Erfolge feiern konnte.  Der Untertitel des englischen Originals ("Kenstibec 1") lässt bereits erahnen: es werden noch weitere Teile folgen. Im Juni 2015 erschien in Großbritannien Band 2, insgesamt ist - ganz klassisch - eine Trilogie geplant.

 

 

Das Thema

Endzeit meets Roboteraufstand meets Roadmovie

 

 

Der Einstieg

"Mein Name ist Kenstibec. Ich bin ein Rover-Modell, ein Power 9 - ein wirklich guter Kauf."

Das klingt originell: Ein Roboter als Ich-Erzähler.

 

 

Der Inhalt

Ein verheerender Atomkrieg hat Großbritannien in Schutt und Asche gelegt; Atmosphäre und Gewässer sind verseucht, die verbliebenen Menschen von Krankheiten gezeichnet. In dieser ohnehin schon katastrophalen Lage führen die Überlebenden weiterhin Krieg: hochintelligente Roboter, die ursprünglich vom Menschen erschaffen und für verschiedenste Aufgabengebiete spezialisiert wurden, sind nun ihre erbitterten Todfeinde geworden. Wie es dazu kam, ist zunächst noch unklar.

In dieser Situation erhält ein Kurierfahrer den Auftrag, seine Kundin quer durch feindliches Gebiet in eine benachbarte Stadt zu bringen. Was zunächst nach einem Routinejob aussieht, entwickelt sich zu einem wahren Höllenritt. Der Roman erzählt die Geschichte dieser Mission, interessanterweise jedoch nicht aus Sicht der Menschen.

 

 

Form, Stil und Sprache

Die große stilistische Besonderheit dieser Erzählung wurde bereits angesprochen: der Ich-Erzähler ist hier ein künstliches Wesen. Zwar werden die Roboter als in vielerlei Hinsicht äußerst menschenähnlich beschrieben, aber dadurch dass sie emotionslos und, zumindest aus ihrer Sicht, völlig rational agieren, erhalten wir einen recht ungewohnten Blick auf das Geschehen.

Im Roman wird kapitelweise zwischen zwei Zeitebenen gewechselt. In der einen wird die aktuelle Handlung vorangetrieben, die andere, wesentlich kürzer gehaltene, berichtet von weiter zurückliegenden Ereignissen. So ergibt sich schließlich ein Gesamtbild.

Ansonsten ist der Schreibstil von Jon Wallace sehr geradlinig und schnörkellos, wie es sich für ein echtes Actionfeuerwerk gehört.

 


Lob und Kritik

+++++ Vermischung mehrerer Elemente +++++

Das Interessante an diesem Roman ist, dass er verschiedene klassische Motive vermischt und neu zusammenführt. Wir haben hier eine durch und durch dystopische Zukunftsvariante, sie spielt in einem postapokalyptischen Umfeld, der Krieg ist ein beherrschendes Element, es geht um Künstliche Intelligenzen bzw. Roboter und obendrein handelt es sich um eine waschechte Road Trip - Story.

Jedes Element für sich genommen ist nicht neu, aber die Kombination aus allen dann doch wieder sehr originell.

 

- - - - - Teils unglaubwürdige Prämisse - - - - -

In solch fantastischen und in erster Linie actionorientierten Geschichten wie dieser sollten Aspekte wie "Logik" oder "Realismus" ja nicht unbedingt allzu kritisch hinterfragt werden. Aber eine - für die gesamte hier aufgebaute Welt sehr entscheidende - Sache springt dann doch ins Auge:

Die Menschen sind völlig am Ende. Sie sind krank, verstrahlt, haben kaum noch Nahrung und sehen ihrem baldigen Ende entgegen. Aber trotzdem schaffen sie es noch, die körperlich wie technisch hoch überlegenen Maschinen zu bekämpfen, einzukesseln und ihnen dabei schwer zuzusetzen? Das wirkt schon ziemlich fragwürdig.

 

+++++ Hohes Tempo +++++

Es ist ständig etwas los: Verfolgungsjagden, Schusswechsel, bissige Dialoge, fiese Menschen, fiese Roboter, geheimnisvolle Roboter, Bombenangriffe, Schlägereien, Schockmomente, sarkastischer Humor, Gewaltexzesse. Der Autor schafft es, seine Leser zu packen und mitzunehmen. Und zwar auf einen echten Höllentrip.

 

+++++ Perspektivwechsel +++++

Bereits der erste Satz macht klar: der "normale" Blickwinkel wird hier umgekehrt. Dass eine solche Geschichte aus Sicht eines Roboters geschildert wird, ist sehr ungewöhnlich. Aber auch sehr spannend, denn durch diesen Kniff werden beim Lesen plötzlich ganz neue Fragen aufgeworfen: Was genau unterscheidet Menschen und Roboter? Wie menschlich oder unmenschlich sind die Maschinen? Oder die Menschen? Was bedeutet überhaupt menschlich?

 

 

Das Fazit

Eine temporeiche und ziemlich coole Geschichte, die es schafft, die gute alte Endzeit-Thematik um zusätzliche Aspekte zu erweitern.


Jon Wallace

Barrikaden

Eine sf-Lit Rezension von 2015