Andy Weir

Der Marsianer

"The Martian"

 

2011

 

 

 

 

 

  

 

 

 

 

Übersetzung: Jürgen Langowski

Heyne

509 Seiten

Broschierte Ausgabe 2014



 

Der Hintergrund

"Der Marsianer" ist der erste Roman des amerikanischen Softwareentwicklers Andy Weir. Im Jahr 2011 stellte er ihn zunächst kostenlos auf seiner Homepage zur Verfügung und bot ihn bald darauf als eBook im Eigenverlag an. Aufgrund des riesigen Erfolges wurde schließlich ein "richtiger" Verlag auf ihn aufmerksam und veröffentlichte das Buch Anfang 2014. Bereits im selben Jahr erschien die deutsche Übersetzung.

 

 

Das Thema

Robinson Crusoe im 21. Jahrhundert

 

 

Der Einstieg

"Ich bin so was von im Arsch.

Das ist meine wohlüberlegte Meinung.

Im Arsch."

Das ist doch mal ein Start! Er liefert direkt ein erstes Bild vom Erzähler und ist zudem schön prägnant. 

 

 

Der Inhalt

In der nahen Zukunft: Eine bemannte Marsmission muss aufgrund eines Zwischenfalls bereits nach sechs Tagen überstürzt abgebrochen werden. Die Crew kann sich gerade noch retten und den Rückflug zur Erde antreten, hat allerdings ein verschollenes und totgeglaubtes Besatzungsmitglied zurückgelassen.

Was sie nicht wissen: Dieser Astronaut hat den Unfall mit viel Glück überstanden und ist nunmehr der einsamste Mensch aller Zeiten. Eine nächste Marsmission, die ihn möglicherweise retten könnte, ist erst in einigen Jahren geplant. Und so versucht er nun, bis zu deren Eintreffen irgendwie zu überleben ... was mangels entsprechender Ausrüstung und Verpflegung eigentlich unmöglich ist.

 

 

Form, Stil und Sprache

Der Ich-Erzähler schildert seine Erlebnisse in einer Art Log- bzw. Tagebuch, um für die Nachwelt - so er ihr denn nicht mehr persönlich davon erzählen kann - festzuhalten, wie es ihm ergangen ist. Hierbei entpuppt er sich als äußerst sarkastischer und zynischer Kommentator, was dem Roman eine humorvolle Note verleiht.

Später kommen dann auch Passagen hinzu, die aus der Sicht von anderen Menschen an anderen Schauplätzen erzählt sind - die Perspektive wechselt also gelegentlich. Der Schwerpunkt liegt zwar größtenteils auf den Erlebnissen der Hauptfigur, aber eben nicht ausschließlich.

 


Lob und Kritik

+++++ Realismus +++++

Man kann sich vorstellen: So oder so ähnlich werden bemannte Marsmissionen tatsächlich eines Tages geplant und durchgeführt werden (nur hoffentlich dann ohne diesen unangenehmen Zwischenfall). Andy Weir beweist viel Hintergrundwissen und zeichnet ein detailliertes Bild; sowohl vom Mars selbst, als auch von den Erfordernissen und Gefahren einer solchen Expedition.

Als Nicht-Chemiker und Nicht-Physiker vermag man zwar nicht zu beurteilen, wie realistisch das beschriebene Szenario wirklich ist, aber es wirkt auf jeden Fall gut recherchiert und größtenteils absolut glaubwürdig. Und falls es hier und da doch mal etwas übertrieben oder fragwürdig zugehen sollte: Na und? In anderen Büchern geht es um interstellare Raumflüge oder um auferstandene Zombies, und trotzdem können sie Spaß machen - im Vergleich dazu ist das Geschehen hier allemal ganz nah an der Realität.

Wie gesagt: für einen Laien wirkt es auf jeden Fall nachvollziehbar.

 

- - - - - Viele, teils langatmige technisch/chemisch/physikalische Erläuterungen +++++

Ja, es wird in der Tat sehr ausführlich kalkuliert, geplant, erklärt, vermessen und hochge-rechnet. Doch genau darum geht es ja eigentlich in diesem Buch: Wie könnte es klappen, das Unmögliche möglich zu machen? Dafür sind ausführliche Berechnungen unvermeidlich.

Aber es stimmt schon: das kann für den Leser gelegentlich etwas ermüdend sein.

 

+++++ Humor des Protagonisten +++++

Egal, wie schlimm es gerade um ihn steht: der Protagonist trägt es mit bissigem Humor und kommentiert alle Ereignisse mit trockener und zynischer Gelassenheit. Meistens jedenfalls... 

Ist Humor in einer solchen Lage nicht unrealistisch? Vielleicht. Aber wer weiß? In ausweglosen Situationen flüchtet sich manch einer vermutlich in Galgenhumor. Und als Leser findet man ohnehin, dass ein bisschen Witz einer solchen Geschichte nicht schadet. Doch auch nachdenkliche Töne klingen gelegentlich an. Es ist also keineswegs so, dass der Protagonist permanent gute Laune versprüht.

 

- - - - - Relativ schlichte Figurenzeichnung +++++

Wer die tiefgehende Charakterstudie eines Menschen in einer Extremsituation erwartet, wird vermutlich enttäuscht. Wir lernen ihn in dieser besonderen Situation kennen und wollen sehen, wie er damit umgeht - das war es dann aber auch. Alles, was wir über ihn wissen, erfahren wir aus seinen Logbucheinträgen. Tiefe Einblicke in sein Seelenleben sind darin nicht enthalten und auch sein privates Umfeld oder Details aus seinem bisherigen Leben bleiben im Dunkeln.

Aber: Das muss gar nicht unbedingt ein Nachteil sein, denn für den Verlauf der Geschichte, die hier erzählt werden soll, ist all das schlicht und einfach nicht wichtig. Es geht um diesen einen Ausschnitt aus seinem Leben, und dafür ist die Charakterisierung völlig ausreichend.

Ins Herz geschlossen hat man ihn nach kürzester Zeit auch so (siehe oben unter dem Punkt "Humor").

 

+++++ Spannung +++++

Wie geht es weiter? Was wird als nächstes schiefgehen? Kann das aktuelle Problem entgegen aller Wahrscheinlichkeit gelöst werden? Welcher Rettungsplan könnte funktionieren? Und wenn nicht: Gibt es noch Alternativen?

Kurzum: Einmal mit dem Lesen angefangen, fällt es schwer, das Buch wieder aus der Hand zu legen.

 

 

Das Fazit

Mal etwas anderes: Keine fremden Galaxien, keine unheimlichen Aliens, keine paradoxen Zeitreisen, keine düstere Dystopie ... sondern einfach nur ein packendes Abenteuer. Und zwar auf dem Mars.

Vor allem aber: Das Buch ist sauspannend, ein kleines bisschen lehrreich und macht einfach Spaß!


Andy Weir

Der Marsianer

Eine sf-Lit Rezension von 2015