Paul O. Williams
Die Zitadelle von Nordwall (Pelbar 1)
"The Breaking of Northwall"
1981
Übersetzung: Irene Holicki
Cross Cult
450 Seiten
Bereits in den 1980er Jahren schrieb der US-amerikanische Literatur- und Englischprofessor Paul O. Williams seinen siebenteiligen "Pelbar-Zyklus". Nachdem dieser hierzulande lange vergriffen war, wurde er 2016 vom Cross Cult Verlag in überarbeiteter Übersetzung neu aufgelegt.
Inhaltlich haben wir hier mal wieder eine postapokalyptische Welt, aber das eher Ungewöhnliche in diesem Fall ist, dass die Handlung nicht während oder unmittelbar nach nach der Katastrophe stattfindet, sondern erst viele Jahrhunderte in der Zukunft. Offenbar hat es einst einen Atomkrieg gegeben, der die Erde größtenteils entvölkert und die Überlebenden in eine Mischung aus Steinzeit und Frühmittelalter zurückversetzt hat. Die Geschichte spielt auf dem Nordamerikanischen Kontinent, wo sich zwischenzeitlich verschiedene Gesellschaftsformen entwickelt haben. Es gibt überwiegend einzelne Stämme, von denen viele (nicht alle) ein Nomadenleben führen und die natürlich allesamt untereinander verfeindet sind. Immer wieder kommt es zu blutigen Zusammenstößen und sinnlosen Grausamkeiten.
Gemeinsam ist allen, dass sie praktisch nichts von der Vergangenheit wissen, und obendrein auch nichts von ihrer eigenen Welt, das über die unmittelbaren Stammesgebiete hinausgeht.
Die Story dreht sich darum, dass unsere Hauptfigur nun den ebenso ungewöhnlichen wie kritisch betrachteten Ehrgeiz entwickelt hat, mehr über die Geschichte der Welt und ihren gegenwärtigen Zustand zu erfahren. Dabei stellt er fest, dass es zwischen all den Gruppierungen erstaunlich viele Gemeinsamkeiten gibt, die auf eine gemeinsame Vergangenheit schließen lassen. Deshalb - und überhaupt, weil er das ständige Töten leid ist – ist er zudem bemüht, zwischen den einzelnen Stämmen zu vermitteln und die Feindseligkeiten zu überwinden. Eine große Aufgabe!
Kleine Vorausschau: Der zweite Band stellt übrigens keine direkte Fortsetzung des Handlungsstrangs aus Teil 1 dar, sondern dreht sich größtenteils um anderes Personal. Es geht also in der Reihe auch und vor allem um den allgemeinen Weltenbau sowie um die Entwicklung einer langsam wiedererwachenden Menschheit. Ein sehr schöner und durchaus ungewöhnlicher Ansatz!
Ein nettes Detail: So ganz nebenbei wird in einer Szene in diesem ersten Band eine wunderbare Art dokumentiert, wie eine Revolution gegen einen tyrannischen Diktator ablaufen kann: Man ignoriert ihn einfach! Lass ihn doch schreien, drohen und befehlen - wenn alle so tun, als sei er Luft, ist er nämlich völlig machtlos. Herrlich. So leicht könnte es sein.
Stilistisch ist "Pelbar" nicht übermäßig komplex und aus heutiger Sicht manchmal etwas altbacken geschrieben, aber flüssig und im Stile einer packenden Abenteuergeschichte. Und wie gesagt: die Welt ist der Star, und die ist in der Tat ziemlich spannend.