Hao Jingfang
Wandernde Himmel
"Stray Skies"
2016
Übersetzung: Marc Hermann
Rowohlt
752 Seiten
Der Mars ist besiedelt und hat sich in einem Unabhängigkeitskrieg von der Erde losgesagt. In mehreren Jahrzehnten völliger Isolation haben sich anschließend auf beiden Planeten unterschiedliche Gesellschaftsformen entwickelt. Während auf der Erde weiterhin Individualismus und Gewinnstreben dominieren, existiert auf dem Mars ein sozialistisch anmutendes System, in dem alles Eigentum - nicht zuletzt auch das geistige - der Allgemeinheit frei zugänglich ist.
Im Zuge einer ersten Wiederannäherung zwischen Erde und Mars lernt eine Gruppe junger Menschen beide Welten kennen und stellt sich anschließend Fragen: über Vor- und Nachteile der jeweiligen Systeme, über gegenseitige Vorurteile und über mögliche Zukunftsmodelle. Dabei gelingt es der Autorin, Stärken und Schwächen beider Gesellschaftsformen sehr anschaulich darzustellen, wobei sie sich gleichzeitig - auch das ist positiv zu vermerken - einer Wertung weitestgehend enthält.
Der Roman bietet ein schönes Setting, eine interessante Ausgangssituation, spannende soziologisch-politische Fragen und einige philosophische Gedanken, insbesondere zum Thema "Was ist Freiheit?".
Die Erzählweise ist sehr ruhig und bisweilen fast schon poetisch ... allerdings oftmals leider auch zu umständlich, unfokussiert und dadurch teilweise langatmig. Es gibt einfach zu viele Wiederholungen, unnötige Abschweifungen, unwichtige Nebensächlichkeiten und lose Enden. Die positiven Ansätze gehen dadurch bedauerlicherweise etwas unter.
Alles in allem lautet das Fazit also: ein durchaus anregender und lesenswerter Roman mit vielen hochinteressanten Elementen, der aber in seinem Aufbau ein wenig unstrukturiert wirkt.
Zum Abschluss noch ein schönes Zitat, mit dem T-Shirts bedruckt werden sollten: "Man darf keine Gemeinschaft als Ganzes verachten. Verachtenswert ist höchstens der Einzelne." (S. 698)
Eine von mehreren Einsichten, die man aus der Lektüre von "Wandernde Himmel" mitnehmen kann.