Ralph C. Doege
YUME. Träumen in Tokio
2020
Septime
119 Seiten
Hui. Ein im wahrsten Sinne des Wortes interessanter Trip.
Der Einstieg in diese vom Septime Verlag wunderschön gestaltete Novelle ist nicht ganz einfach: Alles wirkt zunächst ziemlich wirr, die Sprache ist
fordernd, der Inhalt unklar. Doch schon bald fügt sich dann doch einiges zusammen, die ganze Sache wird nachvollziehbarer und es wird vor allem auch klar, warum es zeitweise etwas konfus und
ungeordnet zugeht. Stichwort „Träumen“.
Zum Inhalt nur so viel: Der namenlose Ich-Erzähler reist überstürzt nach Tokio, um an neurologischen Tests bzw. Experimenten mitzuwirken, mit deren Hilfe
sein im Koma liegender Bruder ins Leben zurückgeholt werden soll (und die übrigens auch das SF-Element in dieser Geschichte darstellen).
Irgendwo zwischen Übermüdung, MRT, Jetlag und Wachtraum vermischen sich seine frischen Eindrücke aus der fremden Stadt mit alten wie neuen Erinnerungen,
Erfahrungen und Gedanken.
Klingt verwirrend? Ist es auf den ersten Blick auch. Auf den zweiten allerdings greift dann doch alles ineinander und wird verständlich. Überhaupt werden
die traumartigen Sequenzen im Verlauf der Handlung seltener, um mehr und mehr den Blick auf eine unsichere, mit sich selbst unzufriedene Hauptfigur und ihr Innenleben freizugeben.
Als ich ihn da liegen sah, nach meiner Ankunft, da spürte ich irgendwie nichts, gar nichts. Ohnehin bin ich schlecht darin, etwas zu spüren, abgesehen von: mich unwohl. Das kann ich ganz gut. (S. 80)
Letztlich ergibt sich sowohl eine melancholische, sprachlich sehr beeindruckende Geschichte, als auch – so ganz nebenbei – ein interessanter Einblick in die Stadt Tokio.
Der Science-Fiction-Aspekt bleibt in dieser Erzählung im Hintergrund, er bildet lediglich das Gerüst. Aber wer vor etwas experimentelleren Texten nicht zurückschreckt, kann hier ruhig mal zugreifen. Und wird nach Ende der Lektüre feststellen: Ein erneutes Lesen lohnt sich nicht nur, es drängt sich geradezu auf.