6. Januar 2025
Wie schon im letztjährigen 2023er Rückblick angemerkt, verliert die Auflistung der Bestseller mehr und mehr ihren Reiz, denn es tummeln sich größtenteils doch stets die üblichen Verdächtigen auf den vorderen Plätzen. Und das sind überwiegend alte Klassiker à la "1984", "Per Anhalter durch die Galaxis" usw.
Im Zuge von aktuellen Film- oder Serienadaptionen tauchen dann zusätzlich (ebenfalls altbekannte) Titel wie "Der Wüstenplanet", "Foundation" oder "Die drei Sonnen" auf.
Um hier also nicht jährlich dieselben - oder sich zumindest stark ähnelnden - Listen aufzuführen, sollen an dieser Stelle lieber wieder ein paar zuletzt gut verkaufte, aber eben aktuelle Romane aufgelistet werden. Keine strenge Bestseller-Top 5/10/20 also, sondern einfach ein kleiner Überblick über angesagte Science-Fiction-Bücher des vergangenen Jahres. Interessanterweise übrigens fast alle deutschsprachig.
Ursula Poznanski
Die Burg
Brandon Sanderson
Defiant - Jenseits der Sterne
(Teil 4 der 'Claim the Stars' - Reihe)
Marc-Uwe Kling
Views
Ursula Poznanski
Scandor
Andreas Eschbach
Die Abschaffung des Todes
Andreas Brandhorst
Der Riss
Franzi Kopka
Was die Wahrheit verbirgt
(Teil 1 der 'Honesty' - Trilogie)
Die Preisträger des Jahres
(Romane)
Deutscher Science Fiction Preis
Sven Haupt
"Niemandes Schlaf"
&
Ralph Alexander Neumüller
"Das Stoffuniversum"
Kurd Laßwitz Preis
(deutsch)
Aiki Mira
"Neurobiest"
Kurd Laßwitz Preis
(international)
Ursula K. LeGuin
"Immer nach Hause"
Hugo Award
Emily Tesh
"Die letzte Heldin"
Nebula Award
Vajra Chandrasekera
"The Saint of Bright Doors"
{noch nicht ins Deutsche übersetzt}
Locus Award
Martha Wells
"Systemkollaps (Ein Killerbot-Roman)"
Arthur C. Clarke Award
Martin McInnes
"In Ascension"
{noch nicht ins Deutsche übersetzt}
sf-Lit Award
Neil Sharpson
"Ecce Machina - Die Seele der Maschine"
Trend 2024:
Resignation?
Vor einem Jahr wurde an dieser Stelle spekuliert, dass die deutschsprachigen SF-Fans so ein wenig den Anschluss verpassen, weil viele moderne, neue, spannende Titel gar nicht mehr übersetzt werden. Nun war nicht zu erwarten, dass sich dieser Trend innerhalb von 12 Monaten komplett ändert, aber momentan ist da eher noch eine weitere Verschlechterung zu erkennen. Die Science-Fiction-Programme der großen Publikumsverlage sind noch weiter geschrumpft, die SF-Abteilung in den Buchhandlungen kaum noch mit bloßem Auge zu erkennen. Es ist offensichtlich: unser Lieblingsgenre verkauft sich in Deutschland seit Jahren ganz schlecht, und tendenziell ist keine Besserung in Sicht.
Es sind lediglich äußere Faktoren, die immer mal wieder für kleine Erfolgs-Highlights sorgen: die "Dune"-Romane sind seit den neuen Verfilmungen plötzlich wieder erfolgreich, diverse Serienadaptionen schieben die Verkäufe kurzzeitig an.
Doch sonst? Als Ende 2016 überraschend Donald Trump die US-Präsidentschaftswahl gewann, landeten plötzlich politische Dystopie-Klassiker von "Der Report der Magd" über "Schöne Neue Welt" bis hin zu "Das ist bei uns nicht möglich" wieder in den Bestsellerlisten. Als im Zuge des Ukraine-Krieges die Angst vor Energie-Engpässen umging, erlebte Marc Elsbergs "Blackout" einen zweiten Frühling.
Das kann man als negativen Effekt ansehen, oder gerade nicht: viele Menschen machten sich Sorgen, aber sie waren eben auch interessiert und gewillt, sich auf die eine oder andere Weise mit der Thematik zu befassen. Auch fiktionale Texte können, als Warnungen gelesen, die eigene Sicht beeinflussen und Widerstand gegen mögliche Bedrohungen provozieren.
Mit Blick auf die aktuelle Situation könnte man sagen: Mittlerweile bewirken nicht mal solche politischen oder gesamtgesellschaftlich wichtige Themen noch etwas. Trump wurde erneut gewählt und diesmal werden die Schäden für Demokratie und Menschenrechte zweifellos noch gravierender ausfallen. Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz erstarken Demokratiefeinde immer weiter.
Doch nennenswerte Auswirkungen auf den Buchmarkt (um beim Thema zu bleiben) bleiben diesmal aus. Weil viele das Thema leid sind und den Eindruck haben, dass alle Warnungen und aller Protest nichts bewirken? So ganz unverständlich wäre das nicht.
Vor Jahresfrist gingen im Rahmen der größten Demonstationsbewegung, die es in der Bundesrepublik Deutschland je gegeben hat, Millionen Menschen auf die Straße, um gegen rechte Politik zu demonstrieren. Die Reaktion fast aller Parteien im Laufe der folgenden Monate war ... rechtere Politik! Da kann man schon mal die Lust verlieren.
Nun droht das hier also ein ziemlich deprimierender Artikel zu werden, denn die Resignation, die im gesellschaftlichen Bereich erkennbar zu sein scheint, macht sich für die SF-Leserschaft auch beim Blick auf die bevorzugte Lektüre breit. Mehr als einmal hörten oder lasen wir von spannenden, ungewöhnlichen Genre-Werken, die Preise abräumten oder euphorische Kritiken erhielten, dann aber leider nie übersetzt wurden. Und WENN dann doch mal welche auf Deutsch erscheinen, bleiben sie oftmals - wie man so schön sagt - wie Blei in den Regalen liegen und das führt dazu, dass erst recht keine Besserung zu erwarten ist.
Also resignieren wir.
Oder?
Nein, natürlich nicht! Um zum Schluss doch noch die Kurve zu kriegen und nicht in Depressionen zu verfallen, soll dieser Text bitte unbedingt als "Ruck-Rede" verstanden werden!
Wir hoffen weiter. Wir mischen uns weiter ein. Wir engagieren uns weiter. Wir lesen weiter. Wir protestieren weiter. Wir kaufen, empfehlen, verschenken und schwärmen weiter. Denn es gibt sie ja, die Chancen auf Besserung in allen Bereichen und natürlich auch die tollen, modernen, neuen, großartigen Science-Fiction-Romane. Es müssen nur alle davon erfahren und mitmachen. Auf geht's!
Zara Zerbe
Phytopia Plus
Phantastikpreis der Stadt Wetzlar
Octavia E. Butler
Die Parabel der Talente
Nach 26 Jahren endlich übersetzt
Christian Endres
Wolfszone
SF-Action in Brandenburg
Justin Cronin
Ferryman
Mal wieder etwas Neues vom "Passage" - Autor
Kris Brynn
Der achte Kontinent
Gesammelte Kurzgeschichten aus zehn Jahren
Alexander Schimmelbusch
Karma
Wortgewaltige Zukunftsvision
Dirk van den Boom
Grabenwelt
Statt Tentakeln nun Riesenspinnen
Alan Moore
Jerusalem
Mammutwerk eines Exzentrikers
Hans Frey
(24.12.1949 - 25.01.2024)
SF-Historiker
Vernor Vinge
(02.10.1944 - 20.03.2024)
Vielfach preisgekrönter Autor